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Herausforderungen in Liebesbeziehungen mit Kinder - Interview m. Weißen Kreuz 2

paar mit Kindern  by Shutterstock
paar mit Kindern by Shutterstock

Liebe Leserinnen und Leser!

 

Heute geht es weiter mit dem 2. Teil des Interviews mit dem Weißen Kreuz über die Herausforderungen in Liebesbeziehungen mit Kindern!

 

 

Ernst: Aber bei den anderen beiden war es anders, da haben wir uns anders darauf vorbereitet.

 

Barbara: Ja, da habt ihr natürlich auch schon mehr gewusst.

 

Ernst: Genau, die ganze Schwangerschaft hindurch. Es gab damals schon Bilder von einem skandinavischen Forscher, der mit Hilfe von Spezialkameras den Fötus fotografiert hatte. In der Zeit kam dann auch der Ultraschall auf. Beim ersten Kind war das noch nicht so, bei unserem zweiten Kind gab es dann schon die Ultraschalluntersuchung.

 

Barbara: Wie alt sind eure Kinder jetzt mittlerweile?

 

Brigitte: 45, 39 und 37.

 

Barbara: Ja, die Zeit vergeht schnell, ich merke das an meinen Neffen. Es ist ein Wahnsinn, der erste ist schon in der zweiten Klasse Volksschule. Als Tante geht es vielleicht noch schneller, man sieht sie ja auch nicht jeden Tag.

 

Ernst: Ich denke auch, dass sich die Vorstellung in Bezug auf die Anzahl der Kinder schon sehr verändert hat. Wir bewegen uns auch immer in einem Raum, wo Familien noch viele Kinder haben, beispielsweise in Deutschland. Und ich merke einfach, die nehmen das alles viel lockerer. Viele Überlegungen, die du vorher genannt hast mit Plan und so weiter, die sind dort deutlich weniger dominierend. Natürlich haben diese Familien schon auch Pläne, aber diese Pläne bekommen nicht diese Dominanz. Ich denke, da verschiebt sich also auch etwas von der Gewichtung her, dass wir vielleicht auch manche Dinge als Priorität setzen, die uns vielleicht gar nicht so dienlich sind.

 

Barbara: Also mit anderen Worten: Eure Generation hat sich mehr vom Leben überraschen lassen und wir versuchen es mehr zu planen.

 

Brigitte: Nein, das würde ich jetzt nicht sagen. Wir haben alle unsere Kinder geplant, also auch das zweite und das dritte. Wir haben auch geplant, dass wir danach keine Kinder mehr wollen.

 

Barbara: Bei euch hat das also funktioniert.

 

Brigitte: Ja, bei uns hat es funktioniert, bis zur Menopause, die uns dann schon auch ein bisschen durcheinander gebracht hat und wir uns auch mit dem Gedanken auseinander setzen mussten, was wäre, wenn wir noch ein Kind bekommen hätten. Mit dem Gedanken musste ich mich schon auch ein paar Wochen auseinandersetzen und das war natürlich schlimm, weil die anderen ja schon Teenager waren. Die Umstellung wäre schon ein Wahnsinn gewesen, denn man hat sich ja bis dahin ja auch schon ein Leben aufgebaut, das so wie es war ja auch geplant war. Deshalb hat mich das auch sehr durcheinander gebracht und ich habe ein paar Wochen lang auch sehr gehadert. Trotzdem schwang immer auch der Gedanke mit: Und wenn du jetzt schwanger bist, dann bekommst du das Kind auf jeden Fall, denn es ist ein Leben, es ist etwas Besonderes und dann musst halt du wieder ein bisschen zurückstecken. Aber natürlich muss man das dann auch planen. Man muss dann auch schauen, wie kann ich das Leben dann bewältigen. Aber das Kind würde es mir auf jeden Fall wert genug sein, dann halt mein Leben wieder ein bisschen umzustellen.

 

Barbara: Ja gut, ich spreche ja auch aus der Sicht eines dritten Kindes, bei mir haben natürlich auch manchmal meine älteren Brüder auf mich aufgepasst.

 

Ernst: Bei uns war es ja noch mal spannender, denn unsere Älteste war da zu dieser Zeit gerade selber schwanger. Das heißt, die Mutter würde ein Kind kriegen und die Tochter selber auch.

 

Brigitte: Aber es war dann eben auch eine Freude, dass ich dann halt eben nicht schwanger war, dass doch alles so bleibt wie es ist, aber es hätte alles auf den Kopf stellen können und ich hätte das hundertprozentig auch genauso gemeistert wie bei den ersten Dreien. Ich kann natürlich heute nicht sagen, wie ich es gemeistert hätte, aber ich weiß, ich hätte das Kind genauso geliebt.

 

Barbara: Bei euch ist es ja auch relativ statistisch abgelaufen, wenn man das so blöd sagen darf, weil du ja gesagt hast, dein zweites Kind war ja eigentlich eine Fehlgeburt. Das heißt, das ist ja eigentlich gestorben. Im wievielten Monat war das?

 

Brigitte: Das war im dritten Monat. Das war aber auch schon zu der Zeit, wo wir schon gesagt haben, wir möchten unbedingt noch zwei Kinder. Die Kleine war damals schon vier Jahre alt, das heißt, sie hat das alles mitbekommen, auch die Traurigkeit.

 

Barbara: Wie habt ihr das dann bewältigt, auch in eurer Beziehung, denn das ist ja auch als Paar eine sehr schwierige Sache. Man sagt ja auch statistisch, dass etwa jede vierte Schwangerschaft ohnehin in einer Fehlgeburt endet. Es ist ja oft auch die Tragik und das haben wir auch oft in unserer Beratungsstelle, dass Frauen sich ein Kind wünschen, das aber immer hinausgezögert haben, weil es vom Zeitpunkt her nie gepasst hat und dann sind sie auf einmal in den Dreißigern oder sogar schon in den Vierzigern, werden endlich schwanger und dann ist auf Grund des höheren Alters auch das Fehlgeburt-Risiko auch höher, dessen sind sich ja viele gar nicht bewusst. Viele glauben, sie planen jetzt ein Kind und das wird dann kommen, wenn sie es möchten, aber es kommt eben meist nicht dann, wenn man möchte und wenn man Pech hat, endet die Schwangerschaft sogar in einer Fehlgeburt. Das ist dann natürlich auch ein Schock.

 

Ernst: Gut, da waren wir jetzt von der biologischen Uhr her nicht unter Druck. Bei uns war der Druck eher von der Seite, dass wir das Kind erwartet haben, uns darauf gefreut haben und Brigitte ja auch schon im dritten Monat war, das ist ja auch eine lange Zeit. Wenn der Verlust früher gewesen wäre, wäre vielleicht die Bindung noch nicht so stark gewesen und dann wäre es vielleicht auch nicht so schlimm gewesen.

 

Brigitte: Wir haben es natürlich auch schon jedem erzählt, weil wir so eine Freude gehabt haben. Deshalb haben wir es bei der nächsten Schwangerschaft niemandem gesagt, weil wir ja nicht wussten, was passieren würde.

 

Ernst: Ich hatte den Eindruck, dass es fast noch schwieriger war, die Reaktionen der anderen Leute zu verkraften, wenn einen jeder fragt, was denn nun los sei.

 

Barbara: Ernst, wie war das nun für dich daneben zu stehen. Ich kann mir vorstellen, dass die Trauer bei Brigitte noch größer war, sie hat es ja auch körperlich und hormonell erlebt, aber wie war das nun für dich?

 

Ernst: Das stimmt, wir haben das sehr unterschiedlich erlebt. Ich habe den Eindruck, dass der Schmerz, den die Brigitte erlebt hat, mich mehr beschäftigt hat, als die Fehlgeburt selber. Ich hatte zum Kind einfach zu wenig Bezug, das war mir einfach zu wenig nah. Unsere Älteste hat im achten oder neunten Monat eine Todgeburt gehabt, das war viel näher liegend.
Bei unserem Kind, war es für mich noch nicht so greifbar, es war vielmehr der Schmerz, den die Brigitte erlebt hat und das war auch das, was mir viel näher gegangen ist.

 

Barbara: Wie seid ihr nun damit umgegangen? Das ist ja auch eine Krise, die viele Paare sehr schwer gemeinsam zu bewältigen schaffen. Viele Männer haben dann das Gefühl, sie schaffen es nicht, ihre Frau aufzuheitern und zerbrechen daran oder versuchen einfach mit allen Mitteln, dass es ihr wieder besser geht und das geht dann wiederum manchen Frauen auf die Nerven, weil man ja als Frau auch manchmal ein bisschen einen Rückzug haben will. So ungewöhnlich das für manche Männer klingen mag, weil sie immer glauben, Frauen wollen das nicht, dem ist aber nicht so. Gerade in einer Trauerphase brauchen auch Frauen Zeit für sich. Da gehen ja auch Paare ganz unterschiedlich miteinander um. Wie war das bei euch? Wie seid ihr da miteinander umgegangen?

 

Ernst: Das ist eine gute Frage. Ich habe den Eindruck, dass uns die Beziehung enorm wertvoll war. Also ich habe nicht den Eindruck, dass das belastend für die Beziehung war.

 

Barbara: Und du auch nicht?

 

Brigitte: Ich war damals in einer sehr depressiven Stimmung, ich habe gedacht, ich bin eine alte Frau geworden. Ich war damals 25 und das war wirklich ganz arg, weil ich es mir ja auch so gewünscht hatte. Wir haben es uns sehr gewünscht und ich war schon sehr froh, dass der Ernst einfach auch sehr viel Rücksicht genommen hat. Man hat gespürt, dass ich ihm so wichtig war, dass er eigentlich um mich gebangt hat und unsere Beziehung hat das gut ausgehalten. Als ich dann so drei, vier Monate später wieder schwanger wurde, hat sich das alles wieder gelöst. Obwohl diese Fehlgeburt ja noch in einem sehr frühen Stadium passiert ist, war das für mich so schlimm, weil ein Leben von uns weggegangen ist. Als ich dann wieder schwanger geworden war, war das aber irgendwie sehr versöhnlich, vielleicht auch mit Gott versöhnlich. Ich habe zwar Gott nie die Schuld gegeben, da ich weiß, das hat einen biologischen Hintergrund.

 

Ernst: Ja, das war auch ein Vorteil, zu wissen, dass es gar nicht um eine Schuldfrage ging. Das war sehr positiv. Ich denke, dass wir uns intuitiv auch die Zeit gegeben haben, dass so etwas reifen darf.

 

Brigitte: Wir haben dann auch beide die Situation wieder angenommen, aber es brauchte natürlich auch eine Phase, wo wir Trauerarbeit leisten konnten, um einfach auch zu lernen, dass es nicht so läuft, wie wir es planen und dass letztlich halt ein Kind von uns gegangen ist.

 

Barbara: Wenn ich das richtig mitbekommen habe, du warst damals 25 und das erste Kind war ja schon lange auf der Welt, das heißt, du hast dein erstes Kind mit 20 bekommen. Das heißt, ihr habt euch eigentlich sehr früh gefunden. Wie war das eigentlich bei euch, wie lange war das, bis ihr gesagt habt, ok, wir gehören zusammen, wann habt ihr geheiratet? Das würde mich natürlich jetzt auch interessieren, wahrscheinlich auch die Hörer. Viele, die heute mit 19 oder 20 schwanger werden, denken sich wahrscheinlich: Oh mein Gott, das geht gar nicht. Wie war das für euch?

 

Brigitte: Also bei uns war es so, dass wir sehr jung waren, als wir geheiratet haben, ich war 18 und du warst 20. Es war eine klassische Frühfreundschaft, wir haben uns auch schon sehr lange vorher gekannt. Ich war 12 und du 14, als wir uns kennengelernt haben und befreundet haben wir uns, da war ich 15 oder 16 und mit 18 haben wir dann eben geheiratet. Also wirklich sehr früh, aber wir haben gewusst, wir beide werden das schaffen. Da hat uns auch niemand abhalten können. Jeder hat gesagt, hey das könnt ihr nicht machen, doch das hat uns eigentlich noch mehr zusammengeschweißt.

 

Barbara: Haben sich eure Eltern auch eingemischt?

 

Brigitte: Wir hatten beide noch unsere Mütter und die haben zunächst schon ein bisschen rebelliert und sie haben auch gefragt, ob wir denn so früh heiraten müssten? Damals war es ja üblich, wenn man schwanger war, hat man geheiratet. Das war bei uns nicht der Fall und da haben sie noch einmal den Kopf geschüttelt.

 

Barbara: Also ihr habt ganz bewusst geheiratet.

 

Brigitte: Wir haben ganz bewusst geheiratet, ganz genau geplant, es vorangetrieben und alles daran gesetzt.

 

Ernst: Es gab schon ein Druckmittel, damals galt die Volljährigkeit erst ab 21. Sie haben gesagt, sie würden unter Umständen nicht unterschreiben. Aber, wir haben eben gewusst, wir wollen heiraten und im Jänner darauf wurde das Volljährigkeitsalter auf 19 heruntergesetzt und von dem her hätte es sich nur um 5 Monate verschoben. Das war unser Vorteil.

 

Brigitte: Wir haben auch ein gutes Verhältnis zu beiden Müttern, das muss man auch sagen.

 

Barbara: Und dann wurdest du so früh, mit 20, schwanger.

 

Brigitte: Genau. Ich war da noch in meinem Beruf und dann war das aber ganz ok. Also das war für mich überhaupt kein Thema, ob oder wann wir ein Kind bekommen wollten. Es war einfach eine Überraschung, aber eine wunderschöne Überraschung.

 

Ernst: Die Überraschung hat aber nicht gleich in ein Nein geführt, wie es ja oft der Fall ist, sondern ganz im Gegenteil. Wir haben uns wirklich gefreut über die Nachricht.

 

Barbara: Ich glaube, dass auch das gesellschaftliche Klima ein anderes war, dass man daraus nicht gleich ein Drama gemacht hat, sondern es einfach gepackt hat wie es eben kommt, dann verschiebt sich halt der Lebensplan vielleicht ein bisschen.

 

Brigitte: Als ich dann mein erstes Kind hatte, dachte ich, es kann niemanden auf der Welt geben, der jetzt glücklicher ist, als ich. Und das hat mehrere Jahre angehalten. Es war einfach spitze.

 

Barbara: Und wie war das bei euch? Dorothea, du hast ja gesagt, du warst lange alleine, bevor du den Martin kennengelernt hast. Wie hat sich das bei euch dann eigentlich in diese Richtung entwickelt, ihr habt euch ja auch schon vorher gekannt.

 

Dorothea: Für mich war einfach klar, ich muss nicht heiraten, ich bin nicht so die klassische Familienfrau. Ich habe mir gedacht, ich habe alle Möglichkeiten. Zu 50% bin ich gerne Single, wenn der Richtige kommt, würde ich zu 50% auch gerne heiraten. Das klingt jetzt so aufgeteilt, aber ich war beidem gegenüber aufgeschlossen und irgendwann habe ich den Martin kennengelernt und da habe ich mir dann gedacht: Mensch, wenn ich den nicht heirate, dann verpasse ich etwas. Und das hat sich dann ja auch bestätigt und ich habe dann auch gemerkt, hätte ich den Martin nicht getroffen, wäre ich sicher nicht verheiratet. Also da habe ich wirklich die Freiheit gehabt zu sagen, ja jetzt schon. Davor hatte ich schon auch Beziehungen und da war es meist schon schnell klar, dass das nicht langfristig klappen würde und dass das einfach nicht das wäre, was ich mir erhofft hätte. Ich hatte ein positives Ehe- und Familienbild und dementsprechend auch schon eine hohe Messlatte. Mein Bruder war zu dem Zeitpunkt schon verheiratet, also ich hatte schon auch positive Beispiele. Ich habe gemerkt, das muss schon sitzen, sonst lieber lassen. Für uns hat sich das wirklich bestätigt. Ich habe auch bei Freunden mitbekommen, die auch geheiratet haben, aber vielleicht nicht ganz überzeugt waren, dass sie dann auch davon eingeholt wurden.

 

nächste Woche geht es weiter mit dem 3. Teil des Interviews!

 

Viel Freude!

 

Eure Rosa Blume