Fehlgeburt

Eine Fehlgeburt wird als solche definiert,

wenn das Kind bei der Geburt keine Lebenszeichen vorweist

und unter 500 Gramm wiegt.

 

 

"Ich war schon glückliche Mutter von zwei Kindern und hoffte auf mehr Kinder.  Als es dann passierte im Sommer 1998, war die Freude sehr groß."

Wir malten uns aus, wie wir das Leben in unserem kleinen Haus, was schon zu viert manchmal sehr eng anmutete, meistern würden, aber, vor allem, ob das neue Familienmitglied ein Mädchen oder ein Junge sein würde, wie die großen Geschwister mit dem neuen Geschwisterchen umgehen würden, und weitere derartige Gedanken.

 

Circa sechs Wochen später bekam ich leichte Blutungen und geriet sofort in Panik. Ich besuchte den Frauenarzt, die mich zuerst beruhigte: „So etwas kommt vor, es verheißt nichts Schlimmes.“ Ich sollte etwas mehr ruhen. In den folgenden Tagen nahmen aber die Blutungen zu und dann kamen plötzlich starke Krämpfe, wie bei einer Regel… Ich vergesse nie das abscheuliche Gefühl, daß es auf einmal flutschte und ein großer Klumpen herausrutschte – ins WC. Ich war zu benommen und schockiert, um nachzuschauen, was im Klo lag und spülte es einfach weg. Ich bereue bis heute mein kleines Kind auf so unwürdige Weise „entsorgt“ zu haben.

 

Anschließend mußte ich wieder zum Frauenarzt, und wegen der Fehlgeburt mich einer nochmaligen Ultraschalluntersuchung unterziehen. Er wollte sichergehen, daß die Reste der Plazenta aus der Gebärmutter ausgeschieden worden waren, um einer Infektion vorzubeugen.

 

Darauf begann eine Zeit der tiefen Trauer und großen Leere. Unter anderem machte ich mir Selbstvorwürfe: „Was habe ich falsch gemacht?“ Ich stellte Fragen an Gott: „Warum?“… Der Frauenarzt zuckte mit den Schultern und meinte: „So etwas kommt bei ungefähr jeder dritten Schwangerschaft vor. Keiner kann erklären, warum.“ Es herrschte Einsamkeit, denn mein Mann verstand mich nicht und wich mir aus, reagierte irritiert, wenn ich über meine Trauer sprechen wollte.

Mit den Kindern, damals acht und zehn Jahre alt, konnte ich natürlich keine Einzelheiten besprechen. Meine Umwelt versuchte mich zu trösten, oder wich mir auch aus: „Sicherlich bekommst du noch ein Kind“, oder, „Sieh, so schlimm ist es doch nicht. Du hast doch schon zwei Kinder. Sei doch froh!“

 

Solche Aussagen und Feststellungen trösteten nicht, im Gegenteil, ich fühlte mich noch abgeschnittener, noch einsamer, grübelte vor mir hin, weinte, war lust- und kraftlos.

 

Nach etwa zwei Monaten, welche eine Zeit der sehr intensiven Auseinandersetzung mit Gott war und in der er mir auf wunderbarer Weise begegnete, war ich immerhin doch soweit gekommen: mit Hilfe meiner Kinder baute ich ein kleines hölzernes Kreuz im Garten auf. Mein Sohn legte ein paar Blümchen hin und wir drei stellten uns still dazu, sprachen ein stilles Gebet, gedachten unseres verlorenen Familienmitglieds, Sascha.

 

Heute kann ich sagen, daß ich immer noch wünsche, dieses Kind wäre hier auf Erden bei uns, anstatt warten zu müssen, bis ich auch mal tot bin, um es in die Arme zu nehmen. Aber zugleich kann ich bezeugen, daß ich Gottes Nähe und Liebe damals sehr, sehr stark spürte. Seine Wege und Gedanken bleiben mir nach wie vor unergründlich, jedoch kann ich mit dieser Ungewißheit in Frieden leben."