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OP im Mutterleib - Erfahrungsbericht Frau Holle 3

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eineiige Zwillinge - OP im Mutterleib - Erfahrungsbericht Frau Holle 3

 

Liebe Leserinnen und Leser!

 

Gleich geht es weiter mit dem Interview mit Frau Holle über ihre Erfahrung mit der Operation wegen ihrer Zwillinge im Mutterleib.

  

 

Frau Holle:

Bis man mir dann mal gesagt hat, Risikostation und ich komme aus dem Spital nicht mehr hinaus. Fruchtwasser bildet sich nach, aber liegen, liegen, liegen, jeden Tag Blutabnahme, Thrombosespritzen, Ultraschall und so weiter. Ich war natürlich zerstochen an Armen und Beinen. Auch wenn das nur eine Kleinigkeit war, war es für mich emotional belastend, jeden Tag mehrfach gestochen zu werden. Nach ein paar Tagen habe ich mich aber daran gewöhnt und ich habe mitbekommen, dass es Frauen gegeben hat, die durchaus vier Wochen nach einem Blasensprung noch gelegen sind und dass man das doch so lange hinauszögern kann. Ich habe mir ganz klar das Ziel gesetzt bis zur 28. Schwangerschaftswoche durchzuhalten, weil ich mitbekommen habe, dass das schon sehr gut ist für die Kinder ist.

  

Ich weiß nicht, ob ich es mir innerlich zu sehr eingeredet habe, auf jeden Fall ist das dann bis zur 28. Schwangerschaftswoche gut gegangen, bis es dann zur Plazentalösung gekommen ist, Blut unten raus geschwappt ist, man dann noch versucht hat, das raus zu zögern, aber nach 8 Stunden Wehen und Blutfluss von unten habe ich es dann irgendwann nicht mehr ausgehalten und auch das Ärzte-Team hat sich dann entschlossen, die Kinder per Notkaiserschnitt zu holen. Sie hatten 850 und 1200 Gramm. Man durfte die Kinder natürlich nicht berühren, sie sind sofort weggenommen worden. Ich habe es dann auch erst am nächsten Tag geschafft zu den Kindern zu gehen, da ich eben einen Kaiserschnitt hatte und die Wunde so wehgetan hat, dass mir, sobald ich versucht habe, mich im Bett aufzusetzen, vor Schmerzen schwindlig wurde und ich mich freiwillig wieder in meine Position zurückgelegt habe.  

 

Man glaubt, es ist jetzt vorbei, man hat es geschafft, die Kinder sind da, der Alptraum ist vorbei. Bis man dann mal mitbekommt, was es heißt, Kinder in der 28. Schwangerschaftswoche auf der Neonatologie zu haben. Ich war dann noch sieben Tage länger im Krankenhaus, weil ich eine sogenannte Fieberzacke hatte, Milchstau und wieder nicht heim durfte. Ich war dann bei den Kindern und es war dann so, dass ich einerseits erleichtert war, dass sie nun da waren, aber andererseits war ich auch geschockt, weil sie einfach noch so klein waren. Sie hingen an so vielen Schläuchen und mir wurde bewusst, an welch seidenem Faden das Leben hing.  

 

Es war aber zum Glück so, dass wir die ersten eineinhalb Wochen ziemlich verschont blieben, bis dann allerdings in der zweiten Woche der Tobias mit 850 Gramm eine ganz schlimme Infektion bekommen hat, die für ihn lebensbedrohlich war. Die Ärzte haben uns dann gesagt, dass wir mit dem Schlimmsten rechnen müssen, wenn das Telefon läutet und wir uns dann verabschieden müssten.

 

Das war von allem eigentlich nur das Allerschlimmste, wenn man sich denkt, man hat gekämpft und ist bis jetzt durch das Ganze durchgegangen. Meine Eltern haben mich auch unterstützt. Ich habe auch immer meine Milch abgepumpt, denn Muttermilch ist einfach das Beste für die Kinder. Auch da habe ich darauf geschaut, meine Kräfte zu schonen. Aber ich wollte das unbedingt machen und bin jeden Tag vom Land nach Wien in das Krankenhaus gefahren. Unser Haus war auch im Fertigwerden, wir waren dabei umzusiedeln. Alles in allem war es aber ein ziemliches Chaos. Wir haben das dann auch geschafft, es ist dann vorübergegangen. Dann atmet man auf, dem Kind geht es besser, bis dann das zweite Kind ein Problem bekommt, wieder eine Infektion der Harnwege.
Es ist dann dem zweiten Kind schlecht gegangen und man weiß dann gar nicht mehr, über was man sich eigentlich noch freuen soll. Doch auch das ist vorübergegangen. Die Kinder waren dann noch 3 Monate auf der Intensivstation, es war immer ein Auf und Ab. Sie sind dann überstellt worden in ein anderes Krankenhaus. Das zweite Kind hat sich dann noch einen Leistenbruch zugezogen.

 

Wir haben die Kinder dann im August nach Hause bekommen, waren dann aber im Oktober wieder im Spittal, wieder mit Leistenbruch-OP. Der Schwächere hatte einen Leistenbruch. Schon als sie zur Welt gekommen waren, wurde uns gesagt, dass das eine Kind ein Problem hat beim Urinieren, weil nämlich die Einmündung der Harnröhre nicht dort ist wo sie sein sollte. Deshalb hatte er schon auf der Neonatologie einige Infektionen gehabt. Mittlerweile hatten wir jetzt auch schon 3 Operationen, wo diese Harnröhre rekonstruiert wurde.

 

An dem Tag, als wir entlassen wurden, sagten uns die Ärzte, dass Frühgeburten in der 28. Schwangerschaftswoche so ihre Tücken hätten – sprich motorische Entwicklungsverzögerungen, Lunge nicht ausgereift trotz Lungenreifespritze, immer wieder kehrende Bronchitis. Es war also noch immer nicht ausgestanden. Sie sagten uns auch, dass wir einen späteren Schuleintritt ins Auge fassen sollten.

 

Die Kinder kamen dann nach Hause und hatten einen Heimmonitor. Einerseits freut man sich natürlich, dass man sie zu Hause hat, aber andererseits auch ein bisschen beunruhigend, weil man darauf geschult wird, dass wenn dieser Monitor läutet, man das Kind unter Umständen reanimieren muss. Das war dann natürlich schon der Fall von Mal zu Mal.

 

Tara:
Also dass Sie das Kind selber reanimieren mussten?

 

Frau Holle:
Ja genau. Also ein 24-Stunden- Job. Nur waren die Kinder natürlich noch total klein, sie hatten so ungefähr alle eineinhalb Stunden Hunger. Ich habe auch beide voll gestillt. Wir hatten auch eine mobile Kinderkrankenschwester im Haus, wie das so üblich ist bei so Frühchen, mit Erypo- Spritzen und wöchentlichen Hüft- und Schädel- Ultraschalls und so weiter.

 

Im ersten halben Jahr war es ein irrsinniger Stress zusätzlich noch die ganzen Arzttermine abzuklappern. Also vom zur Ruhe kommen war überhaupt nicht die Rede. Im Nachhinein betrachtet – jetzt sind sie sieben Jahre – war es ein sehr steiniger Weg. In den ersten drei Jahren hatten sie vor allem in den Wintermonaten permanente Bronchitis und das bedeutete natürlich auch für uns viele schlaflose Nächte. Sie hatten oft Husten, Atemnot und mussten oft Sultanol nehmen, damit die Bronchien wieder aufgingen und der Schleim abtransportiert werden konnte.

 

Man bekommt da eine ziemliche Schulung was die Krankenschwester betrifft. Wir haben dann Gott sei Dank die sogenannte Klimakammer gefunden. Das ist etwas für Kinder, die viele Infektionen haben mit den Bronchien. Wenn man in dieser Kammer ist, wird der Körper der Kinder in einen Art Schockzustand versetzt, wodurch der Körper mehr Blutkörperchen produziert und dadurch die Abwehrkräfte gestärkt werden. Das war dann eigentlich unsere Rettung.

 

Tara: Wo ist diese Klimakammer?

 

Frau Holle:
Die ist im 9. Bezirk in Wien am Julius Tandler- Platz. Natürlich ist das aber selber zu bezahlen, die Krankenkasse erstattet da nur sehr gering. Aber das war es uns wert, das hat uns da drüber geholfen. Dann hat man so das Gefühl, man hat das nun überstanden und dann merkt man eben im Kindergarten die ersten entwicklungsverzögernden Geschichten was eben zum Beispiel die Graphomotorik betrifft. Wir sind jetzt auch in Motopädagogik, um eben diese Sachen noch auszubessern. Jetzt kommen sie in die Schule, jetzt müssen wir mal schauen, wie sich das weiterentwickelt.

 

Im Nachhinein hat das auch seine positiven Seiten gehabt, sonst hätte ich vielleicht viele Sachen nicht erfahren oder gelernt und es stärkt einen natürlich schon, wenn man so etwas durchlebt hat.

 

Tara:
Das wollte ich auch sagen. Man sucht sich das nicht aus, aber man wird dadurch geprägt und hat viel zu geben. Man kann anderen Menschen ganz anders beistehen, abgesehen von den eigenen Kindern sowieso. Ich glaube, man sieht andere Menschen ganz anders.

 

Frau Holle:
Ich kann mich noch erinnern an ein Wort von der Schwester auf der Neonatologie, die mir in dem Moment, wo es lebensbedrohlich für den Tobias war auf die Schulter geklopft hat und gemeint hat, vielleicht verstehe ich das jetzt in dem Moment noch nicht, was sie mir sagen möchte, aber sie arbeitet da schon länger und sie hat schon des Öfteren diese Erfahrung gemacht, dass solche Dinge leider nur Menschen trifft, die eine sehr starke Persönlichkeit haben und damit umgehen können.

 Soweit heute das Interview mit Frau Holle über den Teil der Geburt und wie es nach der Geburt weiterging. Das Interview ist noch nicht zu Ende, es wird nächste Woche der 4. Teil kommen.

Ich wünsche euch aber für heute einen wunderschönen Tag, einen wunderschönen Morgen, einen wunderschönen Abend!

 

Eure Rosa Blume

 

P.S: Die anderen Interviewteile findet ihr:

1. Teil: Hier

2. Teil: Hier

 


 

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