Ärzte haben bei Krankheiten und Behinderungen zwei Optionen: zu helfen oder wenigstens zu lindern. Nur wenn es um ungeborene Kinder geht, haben sie noch eine dritte
Möglichkeit: zu töten. „Die Pränatalmedizin ist der einzige Bereich der Medizin, in dem wir töten können“, sagt ein Arzt in Thomas Fürhapters Film „Die dritte Option“.
In eindringlichen Bildern, die in eigenartigem Kontrast zu den nüchtern-sachlichen Texten stehen, begleitet der Film ein junges Paar, das sich ein Kind wünscht:
von der Zeugung über die Feststellung der Schwangerschaft und die Freude auf das Wunschkind – bis zu dem Tag, an dem ein Organscreening zeigt, dass das Baby behindert ist.
Während Wissenschaftler, Ärzte und die betroffenen Eltern zu Wort kommen, die um eine Entscheidung ringen, werden verschiedene Beispiele dafür gezeigt, wie Behinderungen heutzutage therapiert werden können. Von Sprachheilpädagogik über Bewegungstherapie bis hin zur Prothesenanpassung gibt es viele Möglichkeiten, Behinderungen zu lindern oder zu heilen. Das Elternpaar entscheidet sich jedoch schweren Herzens für „die dritte Option“: das Kind zu töten. Erschütternd schildert die Mutter, wie sie den Tod des Ungeborenen per Ultraschall
miterleben musste. Obwohl sie versuchte, den Blick vom Monitor abzuwenden, bekam sie doch mit, dass der Arzt mehrere Versuche brauchte, um ihrem Kind die tödliche Spritze ins Herz zu stechen. Danach dauerte es noch einige Zeit, bis das Baby wirklich tot war; und erst zwei Tage später brachte sie das tote Kind zur Welt – auf der Geburtenstation, zwischen den Müttern gesunder Kinder…
Anschließend erzählt der Vater: „Ich bekam zwei Urkunden. Auf der einen wurde die Geburt unseres Kindes festgehalten, auf der anderen sein Tod nach der Geburt.“
Der Film beantwortet keine Fragen, er wirft welche auf. Ist es okay, „vorgeburtliche Qualitätskontrolle“ (Zitat eines Arztes) zu machen, oder würdigt es den Menschen zum Objekt herab, das weggeworfen werden darf, wenn es nicht perfekt ist?
Bietet die Pränataldiagnostik eine größere Freiheit, einen „besseren
Entscheidungsspielraum“, oder führt sie zu dem fatalen Zwang, über Leben und Tod des eigenen Kindes entscheiden zu müssen?
Ist es nicht irgendwie schizophren, ein Kind gezielt zu töten, aber dann beim Begräbnis Luftballons steigen zu lassen?
„Die dritte Option“ ist keine leichte Kost, aber ein sehenswerter Film über ein tabuisiertes Thema, der zum Nachdenken und Diskutieren anregt. Schade, dass nur wenige Besucher den Weg ins Kino fanden! Aber vielleicht findet ja die DVD weitere Verbreitung…
von Tara Harbeck